Waltraud Joa
Beauftragte der Stadt Marktoberdorf für Menschen mit Handicap
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Beschrittene Wege weiter gehen

Erstellt von W. Joa |

Mindelheim
2003 trat in Bayern das Gesetz zur Gleichstellung, Integration und Teilhabe von Menschen mit Behinderung in Kraft. Bereits drei Jahre zuvor, im Jahr 2000, schlossen sich die Behindertenbeauftragten, -beiräte und -arbeitskreise in der Region Allgäu zum Netzwerk Allgäu zusammen. Seither ist eine Menge erreicht worden. Und das soll auch nach 2008 - dann nämlich tritt das Gesetz außer Kraft - so weiter gehen. Dies war Thema einer Fachtagung in Mindelheim.
Das Netzwerk Allgäu organisiert einmal jährlich eine Veranstaltung zu aktuellen Themen in der Behindertenpolitik, diesmal zur Fortschreibung des genannten Gesetzes.
Welche der gesetzlichen Vorgaben wurden bisher umgesetzt? Wo hakt es noch?
Und wo sollte das Gesetz ergänzt und verbessert werden? Das waren die Fragen, die die Teilnehmer der Tagung - unter anderem Behindertenbeauftragte der Landkreise und Städte, Bürgermeister, Kreis- und Stadträte - im Forum diskutierten.
Referentinnen waren Anita Knochner, Behindertenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung; Waltraud Joa, Kreisrätin und Behindertenbeauftragte des Landkreises Ostallgäu; und Heidi Dintel vom Behindertenbeirat Memmingen.
Agnes Schragl, Mitglied des Stadtrats Mindelheim und aktiv im Netzwerk, sorgte für Organisation und Moderation.
Das Gesetz muss weiter laufen, stellten Dintel und Joa kategorisch fest.
Wenn nicht, wird es massive Proteste in ganz Bayern geben. So war das Ob denn auch gar kein Thema, sondern nur das Wie. Die Anwesenden sollten ihre Wünsche und Anregungen für die Weiterführung des Gesetzes einbringen.
Zunächst war jedoch eine Bestandsaufnahme angesagt. Die Umsetzung des Gesetzes, so Joa, sei in den einzelnen Landkreisen und Kommunen sehr unterschiedlich. Agnes Schragl stellte fest, dass es im Unterallgäu zwar eine Menge positiver Ansätze gebe, jedoch in einigen Bereichen auch ein Nachholbedarf da sei.
So gebe es im Landratsamt zwar in der Person von Alfred Blachowiak einen Behindertenbeauftragten, der allerdings zugleich Kreisbaumeister ist und die zeitaufwendige Zusatzaufgabe besser erfüllen könnte, wenn er einen Stellvertreter an der Seite hätte oder wenn innerhalb der Verwaltung Freiräume dafür geschaffen würden.
Neue Strukturen brauchen Zeit
Waltraud Joa erläuterte: Ich habe im Ostallgäu Jahre gebraucht, um Strukturen für eine systematische Behindertenarbeit zu schaffen - etwa die Kommunen davon zu überzeugen, dass jede einzelne Gemeinde einen Behindertenbeauftragten braucht, und diese dann zu schulen. Hier hapert es im Unterallgäu noch. Auch regelmäßige Sprechstunden für Einzelfallbetreuung fehlen, sagt Schragl. Das Netzwerk Allgäu sei jedoch eine ungeheuer hilfreiche Einrichtung.
Verankert im Behindertengleichstellungsgesetz ist unter anderem, dass alle
Um- und Neubauten barrierefrei zu gestalten sind, dass bei der Fortschreibung der öffentlichen Nahverkehrspläne die Behindertenbeauftragten zu befragen sind und dass in Regelschulen bessere Rahmenbedingungen für Kinder mit Behinderung zu schaffen sind.
Davon berührt sind die Bauordnung, das Gaststätten-, das Denkmal-, das
Straßen- und Wegegesetz sowie das Gesetz zum Öffentlichen Personennahverkehr.
Was nun die Fortschreibung des Gesetzes betrifft, so ließ die Regierungsbeauftragte Knochner keinen Zweifel daran, dass es sich als wichtiges Instrument der Sensibilisierung und als Mittel zur Realisierung konkreter Maßnahmen erwiesen habe. Wenn es nach 2008 umgestaltet werde, müsse rechtzeitig dafür gesorgt werden, dass dies im Sinne der Betroffenen geschehe. Wir dürfen keinesfalls zulassen, dass die aufgebauten Netzwerke wieder verloren gehen, sagte sie.
Landrat Hans-Joachim Weirather und Bürgermeister Dr. Stephan Winter waren nicht nur gekommen, um Grußworte zu sprechen, sondern nahmen mehrere Stunden lang an der Tagung als Zuhörer teil.
Winter stellte fest, es sei nicht nur richtig und wichtig, die gesetzlich geforderten Rahmenbedingungen zu schaffen, um Menschen mit Behinderung zu einem unabhängigen Leben zu verhelfen, sondern auch die Schranken in den Köpfen abzubauen.
Gesetz schafft Aufmerksamkeit
Weirather nannte das Gesetz einen hervorragenden Ansatz, weil es auf Defizite aufmerksam mache. Es wäre falsch, meinte er, der Politik absichtliche Untätigkeit im Bereich Behindertenfragen vorzuwerfen: Die Bereitschaft ist durchaus da, nur der Horizont ist bisweilen zu eng. Er begrüße es, dass das Netzwerk Allgäu hier Abhilfe schaffe.
Ich will, so der Landrat, Menschen mit Behinderung nicht als eine eigene Gruppe sehen, sondern ihnen auf gleicher Augenhöhe begegnen. Sie gehören mitten hinein in die Gesellschaft, nicht an ihren Rand.
Das Ergebnis der Tagung will das Netzwerk Allgäu, sobald es feststeht, in Form einer Resolution der Staatsregierung und sämtlichen betroffenen Gruppierungen zukommen lassen.

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Intensiv diskutiert wurde bei der Fachtagung des „Netzwerk Allgäu“ über das Bayerische Behindertengleichstellungsgesetz. Im Bild von links: Waltraud Joa, Agnes Schragl, Heidi Dintel und die Behindertenbeauftragte der Staatsregierung, Anita Knochner.
Intensiv diskutiert wurde bei der Fachtagung des „Netzwerk Allgäu“ über das Bayerische Behindertengleichstellungsgesetz. Im Bild von links: Waltraud Joa, Agnes Schragl, Heidi Dintel und die Behindertenbeauftragte der Staatsregierung, Anita Knochner.