Marktoberdorf „In keiner Weise stellt mich der Brief zufrieden", sagt Waltraud Joa. Sie sieht ihn eher als Vertröstung, denn Ärger und Frust darüber, dass am Marktoberdorfer Bahnhof in absehbarer Zeit keine Aufzüge gebaut werden sollen, sind bei der Beauftragten der Stadt für Menschen mit Handicap nach wie vor sehr groß. Geantwortet auf die Mängelliste hat ihr der DBKonzernbevollmächtigte für den Freistaat Bayern, Heiko Büttner.
Zunächst begründet er, warum die Bahnsteigkante in Marktoberdorf nicht auf einer Höhe von 55, sondern von 76 Zentimetern liegt. Bei den derzeit eingesetzten Zügen ist laut Joa ein Zustieg für Rollstuhlfahrer nur über eine Rampe möglich. Die einzusetzen, so ergab ein Test am Bahnhof, ist grundsätzlich möglich, aber umständlich. Büttner verweist auf die vom Bund geforderte einheitliche, in Marktoberdorf umgesetzte Bahnsteighöhe von 76 Zentimetern.
Knackpunkt an der ganzen Geschichte sind jedoch die fehlenden Fahrstühle. Weil zudem der Mittelbahnsteig abgebrochen wurde, ist bis zu deren Einbau kein Überweg vorhanden. Der Umweg über die Bahnschienen beim Fendt-Kreisel oder über die Unterführung zwischen zwei Einkaufsmärkten beträgt über 500 Meter Unzumutbar, wie nicht nur Joa findet.
Die Bahn begründet die Verzögerung des Einbaus auf das vierte Quartal in diesem Jahr mit der „begrenzten Verfügbarkeit von Fachplanern für Aufzugsanlagen. Der Markt ist klein und die Kapazitäten dieser Experten sind stark ausgelastet. Zusätzlich ist auch die Anzahl der ausführenden Aufzugsfirmen beschränkt." Die Nachfrage sei hoch, die Auftragsbücher seien nahezu vollständig gefüllt, antwortet Büttner. Er ergänzt: ,,Die Ausführungsplanung liegt uns seit Ende Oktober vor und befindet sich in der Prüfung. Nach deren Abschluss wird die Ausschreibung gestartet, mit dem Ziel, die Vergabe an die ausführenden Firmen bis Februar abzuschließen. Gemäß den Zeitplänen der Aufzugsbauer beträgt die Mindestzeitspanne zwischen der Fertigstellung des Schachtgerüsts und der Inbetriebnahme der Aufzüge 220 Tage."
Joa versteht die Welt nicht mehr. Denn sie habe die Auskunft erhalten, die Aufzüge seien bereits vor drei Jahren 'bestellt worden. „Ich habe das Gefühl, man wird für dumm verkauft." Deshalb warnte sie Kaufbeurens Oberbürgermeister Stefan Bosse vor, weil auch dort der Bahnhof umgebaut wird.
Ansonsten ist Joa voll des Lobes, wie auf der Baustelle gearbeitet worden ist. Auch die Unterführung, die sie von Fotos ihres Mannes her kennt, gefällt ihr. Wenn da nur nicht die Sache mit den Aufzügen wäre. ,,Das war der Hammer." Nun hat sie einen Brief an Ministerpräsidenten Markus Söder geschrieben - an Heiligabend. Vielleicht geht ihr Wunsch doch früher in Erfüllung.