Marktoberdorf – Willkommen in Absurdistan: Nun haben am Bahnhof in Marktoberdorf auch noch die Aufzüge Verspätung. Ihr Einbau verzögert sich vermutlich um ein ganzes Jahr bis Ende 2025. Das hat weitreichende Folgen für alle, die nicht gut zu Fuß sind, auf einen Rollator angewiesen sind, einen Kinderwagen oder schwere Koffer dabeihaben. Denn vom Bahnhofsgebäude zu Gleis 3 (und andersherum) gelangt man nur über die Treppenauf- und abgänge der neuen Unterführung.
Das bedeutet auch: Rollstuhlfahrer müssen in Marktoberdorf dann einen Umweg von mehr als einem halben Kilometer in Kauf nehmen, um auf die andere Seite der Gleise zu gelangen. Ein barrierefreier Umbau des Bahnhofs, wie ihn die Deutsche Bahn demnächst abschließen will, sieht tatsächlich anders aus.
Die Empörung in Marktoberdorf ist groß: Bürgermeister, Bauamt, Stadträte und die Beauftragte für Menschen mit Handicap der Stadt, Waltraud Joa reagieren mit Unverständnis und Entsetzen. Eine „unzumutbare Verschlechterung“ nennt Bürgermeister Dr. Wolfgang Hell die Situation am Bahnhof. Joa beschreibt in einem Brief an die Sendeleitung des ZDF-Länderspiegels das Baumanagement der Bahn als eine „Unverschämtheit und Missachtung der Menschenwürde“. Und Zweiter Bürgermeister Wolfgang Hannig machte seinem Ärger in der gestrigen Stadtratssitzung laut Luft: „Wir werden auf den Busch hauen. Das geht so einfach nicht.“
Ärger am Bahnhof Marktoberdorf: Halber Kilometer Umweg für Rollstuhlfahrer
Wie ein Besuch des Bahnhofs am Dienstagmorgen ergab, hat die Bahn mittlerweile auch die provisorische Notquerung abgebaut, die bis zur Fertigstellung der Unterführung aufrechterhalten wurde. Am Bahnhof selbst ist ein Mitarbeiter der Bahn aktuell noch zur Sicherung der Gleise und Bahnsteige abgestellt. Auskünfte kann er aber nicht erteilen, wie beispielsweise eine ortsfremde Person mit Handicap von Gleis 3 in die Innenstadt oder vom Bahnhof auf Gleis 3 gelangen könnte.
Das geht, wie Bürgermeister Hell in seinem Beschwerdebrief an das Bahnhofsmanagement in Augsburg deutlich macht, ausschließlich über einen 560 Meter langen Umweg, der vom Bahnhofsgebäude entlang der Bahnhofstraße nach Norden über den beschrankten Bahnübergang und die Johann-Georg-Fendt-Straße nach Süden zurück und dann letztendlich auf Gleis 3 führt.
Hell ist mehr als verärgert: „Uns wurde ein barrierefreier Ausbau des Bahnhofs versprochen und jetzt steht er schlechter da als jemals zuvor!“ Er verlangt, dass der Einbau der Aufzüge ohne „unnötige Verzögerung“ erfolge.